DeichArt liest Lenz

„Und dann hielt ich es nicht mehr aus und fragte: Glaubst Du, daß Arne es getan hat, und er sah mich ruhig an und sagte: Wir müssen damit rechnen. Aber warum, fragte ich. Mit einer Handbewegung, die seine Ungewißheit und wohl auch seine Hilflosigkeit andeuten sollte, sagte er: Du glaubst nicht, Hans, welche Gründe mitunter ausreichen; du könntest verzweifeln.“ Siegfried Lenz

„Arnes Nachlaß” ist die unergründliche Geschichte eines Jungen, der der Gegenwart nicht standhält. Und es ist ein psychologisches Mosaik, dessen Steine sich nach und nach zusammenfügen. „Sie beauftragten mich, Arnes Nachlaß einzupacken“ – so beginnt Siegfried Lenz’ neuer Roman. Hans, der Ich-Erzähler, kommt nicht umhin, die kleinen und großen Schätze zu sichten, die Arne Hellmer, mit dem er zwei Jahre lang ein Zimmer teilte, zurückließ. Jener Arne Hellmer, den Hans’ Eltern – nach einem schrecklichen Unglück – bei sich aufnahmen. Zwölf Jahre zählte Arne damals, dieser außergewöhnliche Junge, der finnische Vokabeln paukt, sich eine Ausgabe des „Don Quichote“ zum Geburtstag wünscht und Mühe hat, Anschluss an seine Mitschüler, an Hans und dessen Geschwister zu finden. Siegfried Lenz entwirft in ruhigen, atmosphärisch dichten Bildern das Psychogramm eines Jugendlichen, der das Unglück früh kennenlernte, sich nicht von den Beschäftigungen seiner Altersgenossen vereinnahmen lässt und gleichwohl nach Nähe und Geborgenheit sucht. „Wie ein Eindringling in seine Welt, seine Tränen, seine verborgenen Hoffnungen“ sieht sich Hans und entfaltet, angeregt durch die Fundstücke des Nachlasses, Arnes Geschichte. Vor dem Hintergrund des Hamburger Hafens und seiner Werften gewinnt sein Leben nach und nach Kontur, in eindringlichen Rückblenden, getragen von einer Erzählhaltung, die das Geheimnis des Jungen behutsam ergründen möchte.

„Theater, das auf alles Theaterhafte verzichtet ... Dennoch sind da wunderbare warmherzige Theatermomente ... Plötzlich wechseln die Figuren im Lenzschen Beziehungskarussell die Plätze, werden so lebendig, wie man wohl nur nach dem Tode sein kann. Lenz’ Roman, der komplex um das Sein im nicht möglichen Sein kreist, kommt so ungemein rund auf die Bühne.“ (Jörg Meyer, Kieler Nachrichten)

Die Premiere fand am 8. März 2007 im Kommunikationszentrum Hansastraße 48 in Kiel statt.

Szenische Lesung nach Siegfried Lenz, eingerichtet von Matisek Brockhues.
Es lesen und spielen: Meike Fuhrmeister und Tom Keller
Aufführungsrechte: Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg